Kunst? Ich versuch's!

Kunst? Ich versuch's!
Kunst? Ich versuch's!

Die Fountain: ein auf den Kopf gestelltes Pissoires und bekanntestes Ready-Made von Marcel Duchamp (Dada). 
Seine „Nicht-Ausstellung“ bei der Kunstschau in New York 1917 führte zu einer Kontroverse über den Kunstbegriff.  Die Provokation Duchamps widerlegte die im Vorfeld garantierte „freie unzensierte“ Teilnahme. Die  Ausstellungs-Jury schloss die Fountain aus, da dieser maschinengefertigte Alltagsgegenstand keinesfalls Kunst sei. Ironie der Geschichte: Die Ausstellung bleibt bis heute wegen des nicht gezeigten Kunstobjekts im Gespräch …

Nach dem Lehrerreferat über das Konzept Ready Made, das den künstlerischen Akt auf den bloßen Auswahlprozess reduziert, sind die Schüler/innen aufgefordert, ein eigenes Ready Made zu arrangieren und über die moderne Kunst zu reflektieren. Viele Denkanstöße verbinden sie mit ihren ausgesuchten, vielfach ausrangierten und von ihnen „getunten“ Gegenständen des Alltags.

     

Beispiel gefällig? Ein Schaumschläger (Schneebesen) wird zur Hängelampe, wobei der Käfig als eine Metapher für gesellschaftliche, politische und ökonomische Unterdrückung stehen soll. Er vermag es aber nicht, die Hoffnung im Keim zu ersticken, die darin schlummert und leise wächst. Symbolisch ist auch das gewählte Material zu verstehen: Der Schüler verzichtet bewusst auf Draht und verwendet stattdessen Lötzinn. Dieses schmilzt langsam durch die Wärme der Kerze im Inneren – Symbol für das Bröckeln der Unterdrückung, wenn man lange genug hofft.

     

Schüler-Reflexion über moderne Kunst:

 „Doch ich finde, der Arbeitsprozess, der hinter einem „klassischen“ Kunstwerk steckt, wird hier durch den Denkprozess abgelöst: Es braucht Kreativität und überhaupt muss jemand außerhalb des „normalen“ Bereichs denken, um auf die Idee zu kommen, ein Klo in eine Ausstellung zu stellen. Auch wenn ich der Kunstrichtung etwas kritisch gegenüberstehe, und es mir weiterhin unlogisch erscheint, 50 Mio. Dollar für ein auf weißer Leinwand gemaltes, schwarzes Quadrat zu bezahlen, und ich nicht immer die Bedeutung oder den Wert von einigen Kunstwerken sehe, so bewundere ich doch den Mut und den Ideenreichtum von Marcel Duchamp und der Ready Made-Akteure.“                       

Anstelle weiterer Gedanken über moderne Kunst: abgelichtete Schüler/innen-Ready Mades

              

Kompetenzorientierter Unterricht

die Schülerinnen und Schüler lernen:

→ Kunstwerke nach den ästhetischen Mitteln der Komposition und den materiellen Mitteln der Herstellung zu interpretieren, zu vergleichen und zuzuordnen,

→ die Wirkung verschiedener Materialien auf die ästhetische Gestaltung nachzuvollziehen,

→ sich mit verschiedenen Formen der Kunst auseinandersetzen, die eigenen ästhetischen Urteile 

     begründen und anderslautenden gegenüber tolerant sein,

→ Schnittstellen zwischen bildender Kunst und anderen Zeichensystemen darzustellen und zu reflektieren.

Karlheinz Gufler